Festvortrag anläßlich der 100 Jahrfeier des Bürgervereines am 16. Februar 2009 von Alfons Sponsel.
Der BV Gangolf als eingetragener Verein ist angesiedelt und damit identisch mit dem II. Distrikt der Stadt Bamberg, ursprünglich eines der ältesten und größten Siedlungsgebiete
östlich der Regnitz.
Heute bilden die Bahnlinie im Osten und der Rhein-Main-Donau-Kanal im Westen die
Grenzen, die Löwenbrücke im Norden und Marienbrücke im Süden sind Eckpunkte.
Die Luitpoldstraße, von der Brücke bis zum Bahnhof und die Königsstraße zur
Nürnberger Straße bilden die Hauptachsen. Die Straßenzüge werden vorwiegend von
Handel und Gewerbe geprägt sind, aber auch verkehrsmäßig überbelastet. Diese
Fakten und Tatsachen schaffen Probleme und Belastungen für Anwohner und Gewerbetreibende. Individualverkehr, viel unnötiger Durchgangsverkehr und die Park- schwierigkeiten schaffen viel Ärger für Anlieger, Kunden und Gäste.
Während nach dem Krieg in den einzelnen Distrikten Bürgervereine nach und nach wieder- oder neu gegründet wurden, gab es im II. Distrikt jahrelang nur eine
Interessengemeinschaft der Geschäftsleute als Sprachrohr. Viele Jahre war der Inhaber des Lederwarengeschäfts Stocker in der Königsstraße Vorsitzender und Sprecher.
Er wurde unterstützt und später abgelöst von G. A. Hoppert vom Sporthaus Beckmann, der viele Jahre auch Vorsitzender des gesamten Einzelhandels in Bamberg war.
Initiativen zur Widergründung des Bürgervereins
1972 haben einige Geschäftsleute zu Gesprächen eingeladen, um die verschiedenen
Interessen in einem Bürgerverein zu bündeln. Die vorbereitenden Besprechungen fanden in den „Roma Stuben“ (heute Schlecker) im Hotel National, statt, ebenso die Gründungsversammlung.
Herr Martin, vom M. u. C. Modehaus in der Luitpoldstraße, Phillip Kern von der Bahnhofsdrogerie,
Bäckermeister Reinhold Gramß von der unteren Königsstraße und Peter
Reiser, damaliger Vorsitzender des Bürgervereins I. Distrikt, luden dazu die Stadträte
aus dem Bezirk ein: Anton Hergenröder, G. A. Hoppert und Alfons Sponsel. Nach der
1. Gesprächsrunde ging man auseinander mit der Aufforderung, für das nächste Treffen
weitere Interessenten anzusprechen und einzuladen. Der Kreis wurde von einem zum anderen Treffen immer größer. Neben weiteren Geschäftsleuten und Handwerkern
kamen die Geistlichen von der Erlösergemeinde, Herr Kirchenrat Martin Hilbig und Herr
Pfarrer Alois Albrecht von St. Gangolf, der sich sehr engagierte, sowie der Rektor Seyler und
der Elternbeiratsvorsitzte Ospel von der Gangolfsschule und Alfred Hager dazu.
Nachdem man sich eine vorläufige Satzung gegeben hatte, wurde Ende des Jahres
eine Vorstandschaft gewählt. Im April 1973 konnte der Verein als Bürgerverein Gangolf e.V. im 2. Distrikt im Vereinsregistergericht eingetragen werden.
Ludwig Martin (1. Vorsitzender), Reinhold Gramß (2. Vorsitzender),
Paul Pfänder (Kassier), Philipp Kern (Schriftführer).
Die Beitragsliste (Jahresbeitrag 3,– DM) weist 1973 119 Mitglieder aus. Davon waren knapp 90 so genannte Mittelständler und davon wieder 54 Einzelhändler.
Aus Gesundheitsgründen trat 1977 Ludwig Martin zurück. Bei den Neuwahlen wurde Reinhold Gramß (1. Vorsitzender), Fred Hager (2. Vorsitzender),
Philipp Kern (Schriftführer) und Reinhold Bader (Kassier) gewählt.
Wenn man die Tagesordnungen der ersten Zeit nachliest, waren Verkehrsprobleme
immer die Hauptthemen. Oberbürgermeister Mathieu und die städtische Referenten
für Verkehrsordnung Gegenfurter und C. Jonas vom Planungsamt standen Rede und
Antwort. Mancher Ärger wurde in kleinen Schritten beseitigt, die Verkehrsdichte hat
eher zugenommen. Fußgänger- ampeln von der Mittelstraße zur Theuerstadt und am
Rüdelweg zur Berufsschule zur Sicherung der Schulwege wurden erst errichtet, nachdem
es jeweils tödliche Unfälle an den Fußgängerüberwegen gab. Die erkämpften
Einbahnführungen in der Mittelstraße und Heiliggrabstraße gegen den Schleichverkehr,
werden heute teilweise wieder in Frage gestellt. Die Parkprobleme im Bereich Berufsschule
und Finanzamt konnten für die Anlieger durch Parklizensierung halbwegs gelöst
werden, ebenso in anderen Bereichen zum Wohl der Anlieger. Der ruhende Verkehr im
gesamten Gebiet ist gerade für Geschäftsleute eine schwer zu lösende Aufgabe und das Verkehrsaufkommen im Individualverkehr kann im Kern nur reduziert werden, wenn eine Entlastungsstraße in Form der Bahnparallelen Innenstadttange gebaut wird.
Bereits 1975 stand auf der TO: „Umgestaltung des Bahnhofsplatzes mit Unterführung.“
Im letzten Jahr (2008) hat das Planungsamt, falls Geld vorhanden ist, endlich als Ziel 2012
ausgegeben: „Der Bahnhofsplatz als Tor zur Landesgarten- schau.“ Ein „Masterplan“ mit
Beteiligung des Bürgervereins hat in vier ganztägigen Workshops nach Lösungen und
Ansätzen gesucht und ein Konzept erarbeitet. Der neue Bürgerverein bemühte sich auch um die Lebensqualität der Kinder. Er beantragte, auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei (Hans Rost) in der Färbergasse an der
Grenze zwischen St. Otto und St. Gangolf einen Spiel- und Bolzplatz zu errichten.
Damit die städtischen Planungen schneller realisiert wurden, sammelten die Mitglieder des Bürgervereins über 3.000,– DM.
Viele Jahre wurden auf diesem Gelände vom Bürgerverein ein Kinderfest mit Spiel und Unterhaltung für beide Bereiche, St. Otto und St. Gangolf, durchgeführt. Wegen des
starken Parkaufkommens und der Parklizensierung konnte der Platz nicht mehr frei
gehalten werden. Deshalb organisierte man an Stelle dieses Kinderfestes ein Lindenfest
in der Theuerstadt, ebenfalls mit Kinderbelustigungen im Schulhof, oder neben den
Linden. Aber auch die Erwachsenen hatten ihr Vergnügen.
Um den Kindern Spielmöglichkeiten zu verschaffen, spendet der Bürgerverein der Grundschule und dem Kindergarten mehrmals einen Betrag, um Spielgeräte
beschaffen zu können. Das gleiche gilt auch für die Musikschule, die mit Spenden
bedacht wurde. Die Musikschule gestaltet seit vielen Jahren unser traditionelles
Adventkonzert, jeweils am Freitag vor dem 1. Advent. Die Einnahmen, meist mit einer
kleinen Aufstockung, gehen ausschließlich an die Musikschule, in den Jahren zuvor
hatten wir jeweils wechselnde Künstler.
Bedingt durch belesene Fachleute im Verein führten diese sehr gut besuchte
historische und heimatkundliche Spaziergänge in regelmäßigen Abständen durch.
Ausgehend vom Distrikt ging es nach und nach zu verschiedenen Zielen und Plätzen,
Einrichtungen, Museen, Katakomben bis zur Müllverbrennung. Es führte uns auch über
die Grenzen der Stadt hinaus zu den Fischzuchtanlagen in Aufseß, in den Frankenwald, Ködeltalsperre, Kronach, Luisenburg, Kreuzberg, Steigerwald, Ebrach, Zabelstein, Hallburg, Schwanenberg, Castell und verschiedene Weinorte, wie Volkach, die
Stollburg, Nordheim und Handtal. Wir besuchten verschiedene Landesgartenschauen und in München Geiselgasteig.
Beliebt und begehrt waren unsere Mehrtagesfahrten. Dabei war es mir ein großes
Anliegen in Kontakt zu den Partnerstädten viele Bürger mit einzubeziehen. Die meisten
unserer Partnerstädte haben wir mehrmals besucht: Prag 3-mal, Estergom 2-mal,
Feldkirchen 3-mal, Villach 3-mal, Attersee 2-mal. Mehrtagesfahrten unternahmen wir
nach Böhmen, Mähren, Dresden, Wien, ins Elsaß und nicht weniger als 6 mal nach
Südtirol. Tagesfahrten führten nach Eger, Franzensbad, Karlsbad und Marianbad.
Es war nicht nur Vergnügen. Reisen informiert, bildet und vor allem pflegt und fördert es
die Freundschaft und den Zusammenhalt. Zur Pflege des Gedankenaustausches, für
Anregungen und Gespräche dienen unsere „Diskussionsrunden“, die laut Ankündigung
im FT jeden 2. Montag im Monat abgehalten werden.
Zur wesentlichen Aufgabe eines Bürgervereins gehört es, kommunalpolitische und
gesellschaftliche Interessen auf überparteilicher Grundlage, sowie die Anliegen der Bürger zu
vertreten. Die Bürgervereine gehören zu den Trägern der Belange des öffentlichen Interesses
und werden bei größeren Maßnahmen wie z.B. bei Bebauungsplänen gehört.
So hat der Bürgerverein zahlreiche Anregungen, aber auch Bedenken vorgebracht. So
beim Bau des Atriums an Stelle der Güterhallen, beim Neubau des Landratsamtes auf
dem Gelände einer Baufirma, beim Postgebäude, Umbau des Deutschen Hauses zur
Bücherei und Caritasverwaltung, beim Umbau der Volkshochschule, wo an Stelle des
alten E-Werks ursprünglich Wohnbebauung entstehen sollte und schließlich die Wiederbebauung des „Wittgeländes“, wo eine Jury einstimmig eine andere Baumaßnahme empfohlen hatte. Man sieht, welcher Wandel sich im Distrikt vollzogen hat.
In sehr gut besuchten Versammlungen hatten wir mehrmals die verschiedenen
Referenten aus dem Bauamt oder dem Ordnungsamt, anfangs in den Bahnhofsgaststätten,
in der VHS, im Roten Ochsen, im Fässla und im Spezial um hauptsächlich
Verkehrsfragen und Bebauungspläne zu diskutieren. Besonders erfreulich sind zwei
Bebauungspläne in Bamberg Mitte und auf dem ehemaligen „Hergenrödergelände“, sie sind für mich ein persönliches Anliegen. In den nächsten drei Jahren entstehen durch die Stadtbau und einem privaten Bauträger rund 100 neue Wohnungen und
Tiefgaragen. Leben mitten in der Stadt, ruhig und zentral. Wenn dann weitere drei
größere Baumaßnahmen in der unteren Königsstraße - ehemals „Roter Ochse“ soll
wieder Hotel werden, – „Goldener Adler“ und „Kister“, wird „Hotel Europa“ –
abgeschlossen sind, erleben wir eine deutliche Aufwertung unseres Gebietes. Auch
das ehemalige Mustafa wird gegenwärtig in ein Hotel umgebaut.
Als in der Königsstraße und Luitpoldstraße, Spielhallen, Sexshops und Kneipen die
Straßenzüge negativ prägten, wurde ein Bebauungsplan zur Einschränkung städtebaulich bedenklicher Nutzung erlassen. Er wurde aber von der Stadt- verwaltung nicht konsequent eingehalten.
Auch der Denkmalschutz wird gepflegt. Nachdem ich festgestellt hatte, dass im
Haushalt noch Mittel für Denkmalpflege übrig sind, regte ich an, die Sebastiani-Figur
in der Theuerstadt zu renovieren, was inzwischen von der Firma Ultsch abgeschlossen wurde. Nun fehlen noch der Strahlenkranz und die Erneuerung der verwitterten Schrift.
Nach Rücksprache mit der Denkmalbehörde wird der Bürgerverein Gangolf anlässlich
seine Jubiläums 1.000,– Euro zuschießen. Auf verschiedene Anregungen ist Dr. Zink
dabei, eine Tafel und Text über die Geschichte der Theuerstadt zu erstellen. Über Ort
und Art der Anbringung muss noch entschieden werden. Auch hier wird sich der Bürgerverein finanziell beteiligen. Teile unseres Distrikts, hauptsächlich die Gärtnerstadt, gehören zum Weltkulturerbe. Das ist für uns eine gewisse Verpflichtung.
Die jahrelang durchgeführten Kappenabende sind ein Opfer der Zeit geworden. Dafür
erfreut sich die, alljährlich in der Faschingszeit durchgeführte „Bamberger Schlachtschüssel“ größter Beliebtheit, ebenso wie das in der Fastenzeit veranstaltete Schafkopfrennen. Nicht alle Aktivitäten können hier aufgeführt werden, die das Spektrum des
Bürgervereins widerspiegeln. Nicht alle satzungsgemäßen Aufgaben können im gleichen Umfang erfüllt werden. Ich sage nicht: „Wir haben es durchgesetzt. Wir haben aber angeregt, zu überzeugen versucht, um Mehrheiten zu finden“, dafür danken wir.
Ich möchte ihnen noch die selbstgewählten Aufgaben aus unserer Satzung in Auszug
vortragen, um zu beleuchten, wie wir im Sinne der Satzung handelten.
§ 2 Zweck des Vereins
2.1 Der Verein hat den Zweck, das Gemeinwohl der Stadt Bamberg, insbesonders im 2. Distrikt Gangolf,
zu fördern.
2.2 Er vertritt kommunalpolitische und gesellschaftliche Interessen auf überparteilicher Grundlage und
die berechtigten Anliegen der Bamberger Bürger des Distrikts.
2.3 Er hat den Zweck, Fragen des öffentlichen Interesses kritisch zu beurteilen, die Heimatliebe zu
pflegen und das Brauchtum zu fördern.
2.4 Zur Erreichung dieses Zweckes werden historische und kulturelle Exkursionen, Fahrten, Vorträge,
Führungen und Versammlungen durchgeführt.
2.5 Besonderes Anliegen ist die Erhaltung und Sicherung geschichtlicher, kultureller und künstlerischer
Denkmäler.
2.6 Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.
Satzung § 2.1–2.8 (Die gesamte Satzung finden Sie hier als PDF-Datei)
Sie sehen, der Bürgerverein Gangolf war und ist bestrebt seinen Beitrag zum Gemeinwohl der
Stadt und seiner Bürger, speziell im II. Distrikt in Vergangenheit und Gegenwart zu
erfüllen. Auch wenn man noch andere Schwerpunkte setzen kann.
Seine Leistungen und Erfolge hängen von einer dynamischen Vorstandschaft, aber in
erster Linie von aktiven Mitgliedern ab, die immer wieder neue Impulse setzen. Als
Gründungsmitglied gehöre ich seit fast drei Jahrzehnten (seit 1979) dem Vorstand als
erster Vorsitzender an. Im April werde ich dieses Amt niederlegen.
Die derzeitigen weiteren Mitglieder des Vorstands sind: Michael Kalb (Stellvertreter),
Wolfgang Böhmelt (Stellvertreter), Stefan Dotterweich (Kassier) und Gerhard Rößlein
(Schriftführer). Anmerkung Stand 16.02.2009
Ich danke allen Mitgliedern in der langen Zeit für die Unterstützung und die vielseitigen
Initiativen. Dem Bürgerverein Gangolf wünsche ich für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg zum Wohl aller Bürger.
Ihr Alfons Sponsel (Ehrenvorsitzender) |